Donnerstag, 21. Juli 2011

Ich, Du und der andere

Gene sind nur Ausrede.

"Besser spät als nie. Dafür aber mehr." - Samuel Schmidt
(Vielleicht hab ihr gemerkt, dass ich gestern keinen Post eingestellt habe.)


Als wir klein waren

Als wir klein waren, haben wir alle die verschiedensten Spiele gespielt. Und ein wohl sehr beliebtes Kinderspiel ist Vater, Mutter, Kind. Andere Kinder haben die Vater-Mutter-Kind von Puppen übernehmen lassen. Diese Spiele sind sehr wichtig, für die Entwicklung der Kinder, weil schon einmal ausprobiert wird, wie es ist Erwachsener zu sein. Und dabei werden nicht selten die eigenen Eltern nachgemacht. Das Nachmachen der Eltern ist die erste und grundlegende Art und Weise, etwas zu lernen.

Wenn die Kinder größer werden, werden die Eltern nicht mehr so wichtig. Aber nachgemacht wird trotzdem. Dann sind es eben die Freunde, die als Vorbilder dienen. Kaum ein Jugendlicher probiert eine Zigarette, aus einem anderen Grund als dem, dass die Freunde es auch tun.
Auch wenn wir groß sind, machen wir nach. Wir können gar nicht anders, als andere Menschen nachmachen. Unser Hirn lernt zu einem großen Teil durch das einfache Nachmachen. Aber wen machen wir als Erwachsene nach? Z.B. unseren Partner, Arbeitskollegen, die erfolgreich aussehen, Freunde usw.

Nachmachen bitte, aber das richtige!

Durch das Nachmachen, werden Verhaltensmuster trainiert. Wir üben uns in Verhaltensweise und Gewohnheiten ein. Die Vorbilder, die wir haben, werden dabei meistens unbewusst ausgewählt. Das hat etwas mit Attraktivität, sozialen Gruppen und eigenen Interessen zu tun. Dabei kann es sehr leicht passieren, dass auch Verhaltensweisen kopiert werden, die ziemlich blöd sind. Rauchen zum Beispiel.

Aber man muss ja nicht alles schwarz sehen. Das Nachmachen von Menschen, die irgendetwas haben oder sind, das wir auch gern hätten oder wären, ist ja keine schlechte Idee. Mus muss sie sich nur aussuchen. Das ist ganz leicht. Das einzige, was man dazu braucht ist ein waches Auge und ein bisschen Fantasie und Lockerheit. Schauspielkunst braucht man nicht unbedingt. Aber es ist wichtig, dass man unbefangen in der Gegenwart anderer etwas „spielen“ kann.

Ein Freund von mir fand den Piraten Jack Sparrow aus Fluch der Karibik total toll und wünschte sich ebenso abenteuerlustig, entspannt, gewitzt und cool zu sein. Also fing er an sich zu bewegen wir Jack Sparrow und ging in einer Mischung zwischen betrunkenem torkeln und femininen stolzieren durch die Gegend. - So bitte nicht! Der Ansatz ist ganz gut. Die Körperhaltung vermittelt auch ein Gefühl. Wer sich bewegt wie Jack Sparrow, kann sich auch fühlen wie Jack Sparrow. Das ist schon richtig. Aber es ist die Wahl von Jack Sparrow als Vorbild, mit der ich nicht einverstanden bin.

Ich und der andere

Aber wen sollte man denn zum Vorbild nehmen? Ich würde sagen, dass ist tatsächlich frei gestellt. Jeder von uns hat Wünsche und Träume von einem zufriedenen Leben. Und wenn diese Wünsche und Träume von Verwegenheit, Freiheit und Abenteuerlust verkörpert werden, ist Jack Sparrow vielleicht die richtige Wahl. Doch bevor man tatsächlich nachmacht, sollte man sich überlegen, ob diese Charaktermerkmale bei dem Menschen in unserer Umgebung tatsächlich auch als solche wahrgenommen werden. Es ist zwar nur ein „Spiel“, aber es sollte nicht unbedingt lächerlich werden.

Wenn man jetzt eine Person gefunden hat, die genau das verkörpert, das ich gerne hätte oder wäre, was muss ich dann tun? Nun ja, hinsehen. Das erste was man sehen kann, ist der Gesichtsausdruck. Wie blickt dieser Mensch drein? Lächelt sie immer, kuckt sie ernst? Was macht ihren Gesichtsausdruck so kompetent? Auch die Körperhaltung. Steht die Person gerade? Steht sie krumm? Steht sie mit beiden Beinen fest auf dem Boden oder nur auf einem Bein? Hände in den Taschen? usw. Dann können Gesten nachgemacht werden. Die Bewegung beim Lachen, Sprechen, Laufen, Reden, Autofahren usw. All das hat den Sinn ein Gefühl des eigenen Selbstwertes zu erzeugen, das bei einem anderen gefällt. Und das zu spielen jemand anderes zu sein, ist dafür völlig okay und sehr gut geeignet.

Aber verliere ich dabei nicht mich selbst? Sollte ich nicht so sein, wie ich bin? Eine Sache, die man sich dabei immer wieder vorhalten muss, ist, man wird sich zwar verändern, aber man wird immer man selbst sein. Niemand wird durch diese Spiele zu James Bond, Harald Schmidt oder Barack Obama. Natürlich gibt es Menschen, die in einer solchen Rolle total aufgehen und sich dahinter verstecken. Aber das soll ja nicht das Ziel sein. Das Ziel ist, sich selbst weiterzuentwickeln und nicht jemand anderes zu werden.

Prinzen

Weil ich Christ bin, erwartet man von mir, dass ich jetzt natürlich Jesus als bestes Vorbild vorschlage. Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass ich das gar nicht kann. Es fällt mir sehr schwer Jesus zu kopieren, weil ich nicht weiß, wie er sich bewegt oder verhalten hat. Ich weiß nur was er gesagt und vertreten hat.

Aber bei einer Sache hat er mir doch geholfen: Ich wollte immer ein Prinz sein. Prinzen sind nicht wichtig genug, um die Staatsgeschäfte übernehmen zu müssen, haben aber Würde, Freiheit und viele materielle Dinge, um Träume zu verwirklichen. Natürlich kann ich jetzt Prinz spielen. Aber ich weiß, dass ich eigentlich keiner bin. Und das mag mit anderen Rollen ebenso sein. Man kann Geheimagent, Bundespräsident oder Anwalt spielen, aber man weiß, dass man keiner ist. Gut, diese drei Berufe kann man ergreifen. Aber Prinz kann man nicht werden. Es sei denn man heiratet eine Prinzessin. Jesus hat mir dabei geholfen mein Selbst zu bestätigen. Die Würde eines Prinzen kommt daher, dass er weiß, er ist etwas besonderes. Diesen Selbstwert habe ich in Gott gefunden. Diese Grundlage hat es mir ermöglicht das eine oder andere Mal, Prinz zu spielen: Gentleman sein, Würde ausstrahlen, von großer Freiheit träumen, usw. So kam alles zusammen.

Damit will ich nicht sagen, dass Jesus kein gutes Vorbild wäre. Er ist ein gutes. Doch er ist ein schwieriges. Man braucht eine ganze Menge Fantasie, um sich vorzustellen wie Jesus gehandelt hätte, in einer Situation wie meiner, wie er sich fühlte, wie er sich bewegt hätte usw. Aber wer will, kann sich gerne an ihm probieren.

Ein Zusatzbeispiel für Christen

Ich habe mal einen Mann kennen gelernt, der tatsächlich sein wollte wie Jesus. Er ließ sich lange Haare wachsen, trug einen Bart und hatte sogar Leinenkleidung an. Zwar nicht so ein Hängekleid, wie man es in den Kirchenfenstern sieht, sondern ganz normal geschnitten, aber der Stoff war gleich. Ich kam ins Gespräch mit ihm und habe ihn gefragt, warum er das trüge. Er erzählte, dass er davon überzeugt war, dass man als Christ Jesus immer ähnlicher werden sollte; auch äußerlich.

Das war zwar nicht nach meinem Geschmack, aber es ist genau das, was ich oben auch beschrieben habe. Dieser Mann hat ganz „gespielt“ Jesus zu sein und dadurch versucht sein Leben zu verändern. Ich habe mich oft gefragt, was er wohl getan hätte, wenn er als Frau zur Welt gekommen wäre. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

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