Mittwoch, 3. August 2011

Wer bin ich eigentlich?

Nur wer weiß, welchen Weg er zurück gelegt hat, kann die richtigen Schritte nach vorne tun.

Jeder Mensch trägt stets einen Keim in sich, der seine Originalität ausmacht, jedes Individuum hat seine Geschichte. - August Strindberg


Geburtstagswünsche

Vor kurzem habe ich bei Facebook einige Geburtstagsgrüße geschrieben. Dabei habe ich mir auch die Glückwünsche von anderen angesehen und festgestellt, dass immer wieder ein Satz auftaucht. Neben Gesundheit, Erfolg und Glück, wünschen viele auch „dass du bleibst wie du bist“.

Eigentlich ist dieser Satz sehr gängig und zum Geburtstag sagt man ihn eben. Aber irgendetwas stört mich daran. Dieser Wunsch drückt doch eigentlich den Versuch aus, etwas festzuhalten, das man kennt. Veränderungen können bedrohlich sein. Immerhin muss man sich auf neue Umstände einstellen. Wenn sich ein Freund oder ein Familienmitglied verändert, geraten unsere Gewohnheiten durcheinander. Da taucht die Cousine auf und verkündet, sie sei jetzt Vegetarierin. Meint sie das wirklich ernst? Plötzlich isst sie nicht mehr, das was wir sonst alle gegessen haben? Müssen wir uns jetzt anpassen? Was ist mit der Weihnachtsgans? Die haben wir doch sonst alle gegessen?

Naja, plötzlich einen Vegetarier in der Familie zu haben, ist ja noch harmlos. Aber was ist, wenn der Freund plötzlich eine neue Religion annimmt oder sein Leben neu ordnet. Die berühmte Midlifecrisis ist nicht nur für die betroffenen, sondern auch für viele Angehörige anstrengend.

Veränderungen

In unserem Leben müssen wir immer wieder mit Veränderungen umgehen. Manche wiegen schwer, aber die meisten sind klein, fast schon unmerklich. Dennoch geht keine Veränderung spurlos an uns vorbei. Wir verändern uns immer. Warum haben viele Menschen Angst vor Veränderungen?

Wahrscheinlich, weil sie bedrohlich wirken. Immerhin stellen sie unser gewohntes Leben in Frage. Veränderungen können positiv sein. Aber besonders im Umgang mit Menschen hätten wir es gern, dass unser Leben bleibt wie es war. Jemand anderem zum Geburtstags Veränderungslosigkeit zu wünschen ist von daher schon ziemlich egoistisch. Denn eigentlich wünschen WIR UNS, dass sich diese Person niemals verändert; wir also nicht damit rechnen müssen, uns irgendwie anzupassen.

Vielleicht kommt auch bei manchen Menschen die Angst hinzu, dass ich nicht mehr ich selbst bin, wenn ich mich verändere. Sich zu verändern, heißt anders zu werden. Mag ich diese andere Person überhaupt noch?

Doch ein Blick in unsere eigene Geschichte zeigt uns, dass wir immer anders geworden sind. Leichter gesagt als getan. Ich kenne nicht wenige Menschen, die ihr Leben fast schon vergessen haben. Eine Frau habe ich letztens sagen hören, dass sie mit Kindern nicht zurecht käme. Ja warum denn nicht? - Keine Antwort. Weiß diese Frau überhaupt noch wie es ist, ein Kind zu sein?

Wie bin ich geworden, wie ich bin?

Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn man sich seine Geschichte bewusst macht. Dafür gibt es einige Hilfsmittel. Z.B. kann man sich alte Fotos ansehen oder Tagebucheinträge, wenn man welche hat. Vielleicht hat jemand Gedichte geschrieben oder Bilder gemalt. All das kann helfen sich daran zu erinnern, wie man geworden ist.

Wichtig dabei ist, sich selbst zu akzeptieren und zu mögen. Das klingt erst einmal einfach. Aber das kann schwer sein. Oft kommt es vor, dass Menschen Dinge lesen, die sie früher geschrieben haben und das als albern und blöd abtun. Vielleicht ist es ihnen sogar peinlich. Manche wollen keine Fotos von sich selbst ansehen, weil sie ihren eigenen Anblick nicht ertragen können. Sich selbst zu mögen ist aber der Schlüssel. Was passiert ist, kann man sowieso nicht ändern. Es gibt kein zurück mehr.

Wer sich aber annimmt, sich selbst auch Dinge vergibt und zu seinem eigenen Leben „Ja“ sagen kann, ist auch in der Lage sein Leben für die Zukunft zu planen, sodass es weiterführt. 
Wer weiß schon welchen Weg er gehen will, wenn er nicht mal weiß wo er herkommt?

Eine andere Möglichkeit ist es, sein Leben als Biografie zu verfassen. Man kann dabei den Fokus auf ganz verschiedene Dinge legen. Z.B. kann man sich darauf konzentrieren, welche Etappenziele man in seinem Leben schon erreich hat. (Laufen lernen - Grundschule - Vereinseintritt - Mut zum ersten Kuss usw.) Oder man sieht sich besonders die Stellen im Leben an, wo Probleme gemeistert wurden. Man kann natürlich auch den Weg mit Gott aufzeigen.

Welchen Fokus man nimmt, ist eigentlich egal. Man kann auch erst einmal anfangen. In der Regel trifft man intuitiv den richtigen.

Der Ursprung der Wut

Als ich anfing über meine Vergangenheit nachzudenken und darüber, wie ich geworden bin, habe ich erkennen müssen, dass es in meinem Leben viel Wut und Zorn gibt. Vielen Menschen erscheine ich als ein sehr fröhlicher und ausgelassener Mensch. Doch hin und wieder kommt es vor, dass ich austicke. Das haben noch nicht viele erlebt, und darüber bin ich auch sehr fron, aber ich trage eine ganze Menge Groll mit mir herum.

Aber der Blick in die Vergangenheit hat mir auch gezeigt, dass ich mich dieser Wut niemals ergeben habe. Wer mich als fröhlichen und lockeren Menschen kennenlernt, der bei jeder Situation gelassen zu bleiben scheint, lernt einen Menschen kennen, der sich dazu entschlossen hat so zu sein wie er ist. Die Wut ist noch da, das merke ich hin und wieder. Aber ich habe mich entschlossen sie nicht über mein Leben bestimmen zu lassen. Das zu erkennen, hat mir die Kraft gegeben auch für die Zukunft Selbstvertrauen zu haben.

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